Hl. Christophorus
Hl. Christophorus – Der Schutzpatron der Schule
Der Name Christophorus stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Christusträger“, basierend auf eine der zahlreichen Legenden, die sich um seine Person ranken. Der Heilige Christophorus ist einer der kirchlichen Nothelfer und zudem der Schutzpatron der Autofahrer. Viele weitere Informationen zu Christophorus findet man im Internet. Eine informative Seite finden Sie hier: Das Foto zeigt das Wandrelief auf der Außenwand des ehemaligen Schulgebäudes an der Straßenfront.
Hier ein Text von Lothar Spurzem, der auch im Stadtjournal (September 2013) veröffentlicht wurde:
Christophorus an der Kärlicher Schule
Sgraffito von Hermann Ruff
48 Jahre lang war das Christophorusbild an der Westfassade der alten Grundschule in Kärlich vielen ein vertrauter Anblick – bis zum Abbruch des Gebäudes im August 2013. Es zeigte den Riesen Offerus, der nach einer Legende nur dem mächtigsten Herrscher dienen wollte. Auf der Suche nach diesem Herrscher trug Offerus Menschen durch einen Fluss ans andere Ufer. Eines Tages kam auch ein kleines Kind zu ihm, unter dem er fast zusammenbrach. Dieses Kind war Jesus Christus, der die Last der ganzen Welt trägt. Offerus erkannte in ihm seinen Herrn, wurde getauft und durfte sich seitdem Christofferus nennen. Der als geschichtlich angenommene Christophorus lebte wahrscheinlich im 3. Jahrhundert in der heutigen Türkei und wurde schon früh als Heiliger verehrt. Er ist unter anderem der Schutzheilige der Kraftfahrer und der Kinder, was wohl entscheidend dafür war, ihn zum Patron der Kärlicher Schule zu wählen und an der Schule darzustellen, die unmittelbar an einer stark befahrenen Straßenkreuzung lag. So wie Christophorus einst das Jesuskind durch die Fluten trug, sollte er die Kinder behüten und durch die Wogen des Lebens tragen.
Das knapp fünf Meter hohe und etwa drei Meter breite Bild an der Schule war ein Werk des Lehrers und Malers Hermann Ruff, der von 1948 bis Mitte der 1960er- Jahre in Kärlich tätig war. Er schuf es in Zusammenarbeit mit Maurermeister Josef Löcher († 24. August 2011) und dessen Mitarbeitern als Sgraffito, bevor die Schule am 18. Dezember 1965 offiziell den Namen Christophorusschule erhielt (siehe Winfried Henrichs: „Mülheim-Kärlich“, 1981, Seite 209).
Das Sgraffito ist eine alte Technik, bei der mehrere farbige Putzschichten übereinander aufgetragen und anschließend entsprechend dem darzustellenden Bild freigelegt werden. Nachdem solche Schichten am Schulhaus aufgebracht waren, wurden die Konturen des Christophorus auf die Wand gepaust, die Linien aus dem noch frischen Putz herausgeschnitten und die farbigen Flächen ausgeschabt.
Eine mühselige Arbeit zuvor war die Anfertigung der Vorlage im Maßstab 1 : 1. Sämtliche Linien mussten ausgerädelt, d. h. mit einem sogenannten Pausrädchen perforiert werden, um sie mittels Pausbeutel (Asche von verbranntem Papier in einem durchlässigen Gewebe) auf den Untergrund übertragen bzw. pausen zu können.
Bei einem späteren Anstrich der Schule wurden die im Laufe der Zeit schmutzig gewordenen Originalfarben übermalt, allerdings weitestgehend in den ursprünglichen Tönen.
Hermann Ruff, der Maler des Kärlicher Christophorus, war am 20. Januar 1899 in Hechingen etwa 60 km südlich von Stuttgart geboren und starb am 20. Juli 1983 in Schweich an der Mosel, wo er seit 1966 im Ruhestand lebte. Zum 105. Geburtstag widmete ihm die freie Journalistin Eva-Maria Reuther im Trierischen Volksfreund einen Beitrag, in dem es zu Ruff’s beruflichem Werdegang unter anderem heißt: „Eben 20 Jahre alt stellte sich der angehende Künstler mit seiner Mappe an der Münchner Kunstakademie vor und wurde aufgenommen. Eine Zeit rastloser Arbeit begann, in der sich der Student und spätere Meisterschüler in allen damals gängigen Fächern übte, von der Anatomie, über das Zeichnen bis hin zu Gemälde und Fresko.“
Eva-Maria Reuther schreibt auch von den schweren Jahren, die Ruff durchlebte, und dass er als junger Maler „in seinen magersten Zeiten“ einmal 60 Zeichnungen für zwei Scheiben Brot eintauschte. Am Ende habe jedoch „der Zwang nach dem Brot zu gehen“ über Kunst und Künstler gesiegt: Hermann Ruff studierte Erziehungswissenschaft und wurde Lehrer, ohne der Malerei untreu zu werden.
Ruff’s in Mülheim-Kärlich bekanntestes Werk ist und bleibt der Christophorus an der Schule. Er schuf hier aber noch vier weitere Sgraffiti: an der Raiffeisenkasse in der Burgstraße Bauer und Bäuerin, in der Mauritiusstraße 16 eine Frau mit Kind, in der Römerstraße 18 die vier Jahreszeiten und im Burggarten 2 Waldtiere.
Das Bild in der Burgstraße wurde 1967 durch den Erweiterungsbau der Raiffeisenkasse (danach Raiffeisenbank) verdeckt, die beiden anderen sind erhalten.
Bei dem Abriss der alten Schule konnte das in die Fassade integrierte Bildnis des „Hl. Christophorus“ nicht erhalten werden.
Da der Hl. Christophorus auch Namensgeber für die neue Grundschule ist, wurde mit der vorgeschriebenen „Kunst am Bau“ die Schaffung eines „neuen“ Hl. Christophorus geplant. In einem Wettbewerbsverfahren bekam die Künstlergemeinschaft Elke Pfaffmann und Stefan Kindel den Zuschlag für ihre Bewerbungsarbeit (siehe Foto). Die Idee und Konzeption dieser Arbeit wird u.a. wie folgt beschrieben:
Der Entwurf zeigt einen, in die Paneloberfläche der Fassade hineingefrästen, heiligen Christophorus mit dem Jesuskind auf seinen Schultern. Nach links gerichtet, auf den Betrachter zukommend, durchwatet er das Wasser, welches in einer Linie aus schmalen, leuchtend blau emaillierten Stahlblechen angedeutet wird. Weitere Elemente, der beide Fassadenseiten einbeziehenden Gestaltung, sind eine Darstellung der Welt bzw. der Kontinente als Umrisslinie, sowie ein vergoldeter Kreisbogen.
Die gebeugte Haltung des Christophorus deutet bereits die schwere Last der „ganzen Welt“ an, die auf seinen Schultern ruht. Ebenso symbolisiert der „Reichsapfel“ in der Hand des Jesuskindes diese Last, wie auch den himmels- und weltumspannenden, spirituellen Anspruch. Auf der Fassade wird dies auch durch die Darstellung der Kontinente und die vergoldete Linie illustriert. Die Gestaltung möchte aber über die christliche Symbolik hinausgehen und in ihrer Abfolge eine Interpretation anbieten, in der jedes Kind die Welt bedeutet. Eltern, Schule und Gesellschaft „schultern“ in Erziehung und Bildung der Kinder die Verantwortung für die Zukunft der Welt.
Um diesen Bogen zu spannen, läuft eine feine, mit Blattgold belegte, bogenförmige Linie, als Ausschnitt eines imaginären Kreises, von der oberen Fassadenkante scheinbar durch den Heiligenschein des Christuskindes. Dieser kann so auch als Planet und die Linie als dessen Kreisbahn, seinen Erdkreis gesehen werden.
Die Darstellung der Welt, die vergoldete Linie und der das Kind tragende Christophorus, lassen sich auch dahingehen interpretieren, dass eine fundierte Bildung und somit die Schule als Ort der Vermittlung, einem Kind die Welt eröffnen, den Horizont (hier in Form der Linie) erweitern und einen zum freien Denken beflügelten Geist über bestehende Grenzen hinweg (hier die Oberkanten des Gebäudes), weit hinaus zu Höhenflügen inspirieren kann.